Titus Dittmann

Titus Dittmann im Northern Lights Concept Store

Seine Spitznamen sind „Skateboardpapst“ oder auch „Anstifter“. Für viele Skateboarder ist er einfach Titus. Ein Mensch, der eine erstaunliche Entwicklung genommen hat, seinen Werten aber immer treu geblieben ist. 

77 Jahre alt ist der Skateboardpionier mittlerweile und kein bisschen leiser. Der Duktus ist immer noch Skateboardslang, wenn auch etwas lauter als gewohnt. Das liegt allerdings an seinem Gehör, das in den letzten Jahren nachgelassen hat – im Gegensatz zu seinem Engagement für Kinder und sozial Benachteiligte.

Aber der Reihe nach: Irgendwann in den 70er Jahren ist Titus in die USA gereist und hat dort das Skateboarding kennengelernt. Es war die Zeit nach den Dogtown Boys und der zweiten Skateboardwelle, die über den Ozean schwappte und die Jugend im Sturm eroberte. In den USA war das Skateboarding auf dem Rückzug. Versicherungsprobleme der Skateparks und der Rückzug von Produktionsfirmen sorgten für den Niedergang nach vorheriger Expansion, was im Skateboarding seit Jahrzehnten ein Bestandteil dieser Szene ist – genau wie der kometenhafte Aufstieg einzelner Protagonisten. Einer dieser Menschen war Titus Dittmann. Doch Titus sah nicht nur den Sport – er witterte auch das Geschäft mit den Rollbrettern. Als er mit bereits 30 Jahren begann, im Skateboardbusiness Fuß zu fassen, hatte er bereits Lehramt studiert und nutzte den Kontakt mit den Schülern, um eine Skateboard-AG in der Schule zu starten.

Damit begann eine Karriere, die es bis dahin in kaum einer Funsportart gab. Ich würde ihn auf eine Stufe mit Robby Naish stellen – nur eben ohne eigene sportliche Leistung. Denn er sah sich schon damals mehr als Anstifter. Ihm spielten gleich mehrere Karten in die Tasche: Das Skateboard, wie wir es heute kennen, hatte in dieser Zeit seine finale Form erhalten. Das nach beiden Seiten aufgebogene Holz gab dem Skateboard seine ikonische Form und ermöglichte Tricks, die bis dato nicht möglich waren. Hinzu kam, dass die US-Marken im europäischen Markt eine riesige Chance sahen und diese nutzen wollten.

Titus Dittmann nahm das dankend an und verkaufte 1978 bereits Skateboards, die er in den USA einkaufte. 1980 kam sein eigener Skatepark hinzu und es kam, wie es kommen musste: Mit 36 Jahren, im Jahr 1984, hängte er seinen Lehrerberuf an den Nagel und widmete sich der Vermarktung des Skateboardings in Deutschland. Die Wucht, mit der er es tat, war sprichwörtlich. Binnen eines halben Jahrzehnts baute er seine eigene kleine Veranstaltung zur offiziellen Weltmeisterschaft im Skateboarding auf. Diese fand in der Westfalenhalle Dortmund statt. Tausende von Zuschauern pilgerten dorthin und es schien, als ob Rollbrettfahren unaufhaltsam wachsen würde.

Foto Alex Lenz v. l.: Michael Hoppe, Titus Dittmann und Michael Gleissner
Foto Alex Lenz v. l.: Michael Hoppe, Titus Dittmann und Michael Gleissner

Doch auch Deutschland erreichte die Krise im Skateboardmarkt – traditionell einige Jahre später. Titus dampfte sein Unternehmen ein und verlegte sich auf den Einzel- und Versandhandel – auch dies mit Erfolg. Mit seinem Geschäftssinn und vor allen Dingen seiner Siegermentalität schaffte er es aus der Krise heraus, eine Einzelhandelskette mit über 30 Läden sowie einen Versandhandel aufzubauen, der in der Branche seinesgleichen sucht.

Altersbedingt stieg er 2009 aus dem operativen Geschäft aus und widmete sich fortan seiner Stiftung *Skate-Aid*. Anfang der 2010er Jahre wurde er Präsident der deutschen Longboarder und Skateboarder. Doch seinen Prinzipien folgend ließ er schnell davon ab – denn Skateboarding und Olympia passten für ihn nicht zusammen. So sprang er einfach mal 30 Jahre in der Zeit zurück und begann das, was er Zeit seines Lebens gemacht hatte: Kindern die Faszination des Rollsports beizubringen. Sein Engagement brachte ihm verschiedene Auszeichnungen ein: das Bundesverdienstkreuz, diverse Unternehmerpreise sowie einen Lehrauftrag am Institut für Sportwissenschaften.

Vieles von dem, was über Titus geschrieben wurde, stimmt nicht. Es sind die Kleinigkeiten – wie die Behauptung, das erste Showteam in Europa aufgebaut zu haben. Das gab es schon Jahre bevor Titus anfing, Skateboards zu verkaufen. Auch auf Sylt war die Szene Mitte der 70er Jahre schon auf Rollbrettern unterwegs. Jürgen Höhnscheid war einer der Pioniere. Auf der Webseite des Skateboardvereins sind einige alte Videos zu sehen. Und doch ist die Lebensleistung des Münsteraners bemerkenswert.

Auf Sylt war er auch schon ein paar Mal. Er engagierte sich für den Multipark und hielt auch Lesungen aus seiner Biografie. Vor ein paar Tagen trafen wir ihn im *Northern Light Store*. Der Laden ist bekannt für seine innovativen Produktvorstellungen – ob Autos, Fahrräder oder Gadgets: Northern Lights in der Norderstraße ist immer einen Besuch wert.

Kein Wunder also, dass die beiden Inhaber Michael Hoppe und Michael Gleissner Kontakt zu Titus Dittmann aufnahmen, als dieser eine weitere Benefizaktion plante. Der Weg führte ihn auf unsere schöne Nordseeinsel – denn als Markenrepräsentant von Citroën sollte er das neue Konzept „Qui are Sylt“ vorstellen.

Bei dieser Gelegenheit präsentierte Titus ein Skateboard mit vergoldeten Rollen und Achsen. Dieses soll nun auf Sylt versteigert werden; die Erlöse kommen der Stiftung *Skate-Aid* zugute. Das Prachtstück kann im *Northern Light Store* in der Norderstraße 29 bewundert werden. Und Titus? Sein Zitat „Suche dir einen Job, der dir Spaß macht, und du wirst nie wieder arbeiten” trifft es auf den Punkt. Noch heute mit fast 80 Jahren rollt er auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuten.

Geschrieben von sylter-spiegel.de / veröffentlicht am 10.04.2025